
Mit dem Mietwagen von Argentinien nach Chile
Ein einsamer Eisberg, ein Wasserfall, viel Wind und Regen im Torres del Paine Nationalpark
Wind, Kondore, Guanakos und Nandus
Orkan mit Windgeschwindigkeiten um die 140 km/h
Mit dem Mietwagen von Argentinien nach Chile
Am Morgen tauschen wir in El Calafate unser kleines Stadtauto in einen geländegängigen Amarok um und holen das Gepäck und unsere Kinder in der Unterkunft ab. Der Amarok hat eine Ladefläche mit Plane, deren Befestigung einigermassen kompliziert ist. Wir dürfen sie nicht abnehmen, so dass wir unser Gepäck halb kriechend auf der Ladefläche verstauen müssen. Unser Tagesziel heute ist der Torres del Paine Nationalpark.
Gleich hinter der Polizeikontrolle am Ortseingang von El Calafate testen wir die Bremsen unseres Autos und lernen, wo ein Guanako ist, sind noch mehr. Wir fahren an den Strassenrand und beobachten wie die Guanakos mühelos die Weidezäune überspringen. Nur einem Jungtier fehlt der Mut. Es läuft ewig am Zaun entlang bis es sich überwindet und zur Herde aufschliesst.


Sieht man von etwas Gegenverkehr ab, sind wir mutterseelenallein unterwegs. Der Wind frischt auf. In El Cerrito folgen wir der Ruta 5 bis Esperanza, wo wir unser Auto noch einmal bis zur Halskrause auftanken. Auf unserer Strecke ist dies die vorerst letzte Tankstelle. Anschliessend suchen wir den Abzweig auf die Ruta 7. Ab hier haben wir nun konstanten Gegenwind. Wie wir später erfahren, betrug die Windgeschwindigkeit bis zu 95 km/h. Der Wind ist auch bei reduzierter Geschwindigkeit sehr unangenehm beim Fahren. Wir nehmen den Grenzübergang Rio Don Guillermo. Die letzten Kilometer bis zur Grenze wird die Strasse immer schlechter. Die gute Asphaltstrasse wird erst löchrig bis sie einer Schotterpiste weicht.
Die Grenzformalitäten sind ein bürokratisches Erlebnis. Auf argentinischer Seite müssen wir für jedes Familienmitglied ein Formular ausfüllen. Nachdem dies zur Zufriedenheit des Grenzbeamten erfolgt ist, müssen wir mit den ganzen Autopapieren zum Zoll und unser Auto offiziell ausführen. Gut, dass an diesem Grenzübergang nichts los ist. So können wir doch recht schnell die 10 km bis zur chilenischen Seite weiterfahren. Hier erwartet uns das gleiche Spiel, nur dass die Formulare in doppelter Ausführung benötigt werden. Das Auto muss beim Zoll eingeführt werden, wozu man sich immer an einen weiteren Schalter anstellen muss. Am Ende durchläuft man noch die Lebensmittelinspektion, d.h. wir müssen weitere Formulare ausfüllen, in denen wir erklären, was wir alles nicht haben. Dies wird dann auch mehr oder weniger gründlich mit einer Auto- bzw. Gepäckuntersuchung überprüft. Nach einer Stunde haben wir es geschafft und sind in Chile.

Torres del Paine wir kommen! Doch nicht ganz so schnell wie erhofft. Unsere Unterkunft liegt im Süden des Parks am Rio Serrano. In Cerro Castillo erfahren wir, dass die Strasse wegen Bauarbeiten gesperrt ist. So müssen wir erst viele Kilometer in die entgegengesetzte Richtung fahren, um dann im Inneren des Parks zu unserer Unterkunft zu fahren. (Mehr Informationen zum Torres del Paine Nationalpark findet ihr hier.)
Die Landschaft ist atemberaubend schön und vielfältig. Von grünen Hügeln über schroffe Felsen bis zu Sumpflandschaften und unglaublich türkisblauen Seen und Flüssen gibt es viel zu sehen. Guanakos und Nandus sind auch in grösserer Anzahl zu sehen. Der Wind bläst unvermindert, ab und zu ist eine Wolke undicht und es regnet.
Bei der Parkverwaltung bezahlen wir unseren Eintritt, der für Ausländer ein Vielfaches des Betrages für Einheimische ist, und erhalten nun auch eine etwas detailliertere Karte, so dass das Navigieren etwas einfacher wird. Die reichlich 100 km Schotterpiste ziehen sich, wobei die Fotostopps auch nicht ganz unschuldig sind. Irgendwann wollen wir einfach nur noch ankommen.


Wir erreichen unsere Unterkunft, die Hosteria Lago del Toro, als es endlich wieder zu regen beginnt. Dies macht das Ausladen des Autos nicht angenehmer. Im Inneren der Hosteria empfängt uns wohlige Wärme. Wir erfahren, dass in der Hosteria jeden Tag ein Menü gekocht wird, für das man sich morgens anmelden kann. Heute gibt es Lachs. Sie haben zwar ausreichend gekocht, dass auch wir essen könnten, doch da die meisten von uns nicht gerne Fisch essen, müssen wir wohl oder übel noch einmal das Haus verlassen.
Morgaine, die sich noch nicht vom verdorbenen Sandwich erholt hat, bleibt im Zimmer und trinkt weiter tapfer ihre Elektrolyte. Wir anderen schauen als erstes beim Hotel gegenüber, was die Speisekarte sagt. Die Preise verschlagen uns die Sprache. Auch das nächste Restaurant überzeugt uns nicht wirklich, aber in Ermangelung von weiteren Alternativen in Gehdistanz essen wir dann doch dort etwas.
Ein einsamer Eisberg, ein Wasserfall, viel Wind und Regen im Torres del Paine Nationalpark
Am Morgen windet und regnet es weiterhin, so lassen wir es langsam angehen und frühstücken gemütlich. Morgaine geht es noch nicht wieder gut, so lassen wir sie noch eine Runde schlafen und laden mal Bilder runter und schreiben Reiseberichte.
Gegen Mittag fahren wir zur Grey Lagune und laufen in einer Regenpause zum Strand. Dort steht unmittelbar in Ufernähe ein grosser Eisberg. Für einen kurzen Moment beleuchtet ihn die Sonne.


Während wir noch den Ort suchen, von dem die Schiffe aus zum Grey Gletscher fahren, fängt es schon wieder an zu schütten. Der Regen fühlt sich wie kleine Eisnadeln auf der Haut an, was bei 5° C und viel Wind auch nicht ganz verwunderlich ist. Wir finden keine Hinweise auf die Abfahrtzeiten der Schiffe, treffen aber auf dem Parkplatz einen Ranger, der uns erklärt, dass eine solche Schiffstour 3 Stunden dauert und – wie scheinbar alles hier – exorbitant teuer ist. Drei Stunden Geschaukel wollen wir Morgaine nun auch nicht zumuten, so fahren wir weiter zum Lago Pehoe. Auf unserer kurzen Runde zum Salto Chico werden wir wieder ordentlich nass. Tropfnass und vom Wind genervt, sinkt unsere Abenteuer- und Entdeckerlust dramatisch. So fahren wir zurück in die Hosteria und trocknen uns vor dem warmen Holzofen, dem einzigen warmen Ort hier.

Die Hosteria wird bei diesem Wind nicht wirklich warm, da es kalt durch jedes der vielen undichten Holzfenster pfeift. So gehen wir nach einem guten Abendessen früh ins Bett.
Wind, Kondore, Guanakos und Nandus
Da wir uns jeden Abend festlegen müssen, wann wir am nächsten Tag frühstücken wollen, werden wir vom Weckerklingeln geweckt. Der Blick aus dem Fenster zeigt uns Berge, die vorher gar nicht zu sehen waren. Motiviert beginnen wir den Tag.


Wir fahren als Erstes zum Parkplatz für den Spaziergang zum Salto Grande. Als wir aussteigen bläst der Wind ordentlich. Auf dem Weg zum Wasserfall frischt er noch auf. Die Kinder können sich rückwärts in den Wind legen und werden vom Wind gehalten. Pfützen haben Wellengang. Kurz bevor wir den Wasserfall erreichen, haben wir dann doch Angst, der Wind könnte die Mädchen wegwehen. So hält jeder Erwachsene ein Kind fest und stemmt sich dem Wind entgegen.

Wir sind mutig und folgen dem Weg zum Mirador Cuernos. Nach ein paar Ecken liegt der Weg wunderbar im Windschatten. Mit 17° C ist es vergleichsweise warm. Es gibt viel zu fotografieren. Deshalb erreichen wir den Aussichtspunkt auch erst nach 1,5 Stunden.


Wir sind noch gar nicht richtig da, kommt ein Riesenvogel knapp über die Oberfläche des Hanges geschwebt. Bis wir realisiert haben, dass wir einen Kondor sehen, war er auch schon weitergeflogen. Beim nächsten Überflug schauen schon zwei Kondore von oben auf uns herab. Leider segeln sie jetzt in grösserer Höhe. Nach einer Weile sehen wir sechs Vögel, die mit unglaublicher Eleganz segeln, in den Wolken verschwinden und Kreise drehend wieder herunterkommen.


Wir hätten ewig zuschauen können, allein die Geduld der Mädchen begrenzt die Sache etwas. Dank einer zeichnenden Taiwanesin, die ihnen ihr Skizzenbuch zeigt, wird ihre Aufmerksamkeit noch einmal für eine Weile gefesselt, aber dann wollen sie weiter und gehen voraus.
Das zwingt uns dann doch, uns von den Kondoren loszureissen und den Kindern hinterherzulaufen. Inzwischen hat der Wind gedreht, so dass die Hügel nur noch begrenzt Schutz vor dem Wind bieten. Umso mehr eilen wir den Mädchen hinterher. Als sie uns sehen, warten sie auf uns. Der Wind peitscht nun nur so durch das Wasser des Sees und weht uns bergauf. Wir erreichen glücklich den Parkplatz und suchen Schutz im Auto.
Auf der Fahrt zum Parkplatz hatten wir weiter vorn auf der Strasse eine Cafeteria gesehen, die wir nun ansteuern, um uns zu stärken. Die Idee hatten auch schon andere. Wir treffen die Taiwanesin wieder, die vor uns den Aussichtspunkt verlassen hatte. Bei einem Kaffee erfahren wir, dass sie Schmuck nach den Vorgaben der Natur fertigt und demnächst eine Ausstellung in Puerto Natales hat. Die Ausstellung findet im Rahmen eines Kulturaustausches zwischen Taiwan und Chile statt. Sie lädt uns ein, die Ausstellung zu besuchen.
Wir verlassen die Cafeteria und folgen dem Weg in Richtung Hotel las Torres Patagonia. Der Weg führt uns an zahlreichen Guanakos vorbei, die keine Scheu vor Menschen kennen und uns auf 1,5 m herankommen lassen. Von weitem sehen wir Flamingos im See und Nandus.

Am wunderschönen Lago Sarmiento amputiert der Wind mit Hilfe der Autotür fast meine Hand. Auf manchen Wegen haben wir das Gefühl, in einem Windkanal gefangen zu sein. Zum ersten Mal sind wir froh, dass die Windschutzscheibe unseres Autos schon so viele Spuren von Steinschlägen hat, dass es auf einen mehr oder weniger nicht darauf ankommt, so lange sie nicht reissen.


Das Wetter wird immer ungemütlicher, so drehen wir um bevor wir das Hotel las Torres Patagonia erreichen. Auf dem Rückweg zu unserer Unterkunft müssen wir immer wieder die eine oder andere Windböe abwarten, bevor wir um eine Kurve fahren können. Schliesslich wollen wir nicht für eine neue Lackierung des Autos aufkommen müssen, weil es gesandstrahlt wurde. Das Wetter setzt die Landschaft dramatisch in Szene.



In der Hosteria trinken wir am Abend einen Pisco sour auf die Wettervorhersage für den nächsten Tag. Es soll endlich schön werden.
Orkan mit Windgeschwindigkeiten um die 140 km/h
Die Nacht in der Hosteria ist schrecklich und wird uns lange in Erinnerung bleiben. Der Wind versucht, das Haus zu versetzen. Wir hatten wirklich das Gefühl, dass die anbrandenden Windböen das Haus jedes Mal einen Schritt zur Seite machen lassen. Es hat gezittert und geknackt. Während Jörgs Überlegungen dahin gingen, dass das Haus schon mehrere Stürme überstanden haben dürfte, ging ich auf Nummer sicher und packte wenigstens die Rucksäcke mit den wichtigsten Sachen.
Das Haus hat den Sturm tatsächlich etwas gerupft überlebt, wie wir beim zeitigen Frühstück am nächsten Morgen erfahren. Der grösste Schaden ist der Verlust der beiden Windräder. Die Rotorblätter sind davongeflogen. So gibt es nur noch Strom, wenn der Generator stundenweise läuft.
Laut Wettervorhersage soll dies nun der schönste unserer Tage im Torres del Paine Nationalpark sein. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ein weiteres Mal machen wir uns auf den Weg zum 40 km entfernten Hotel Las Torres Patagonia, wo der Weg zum Mirador de Torres abgehen soll.
Der Wind hat tatsächlich nachgelassen, aber es regnet und regnet und wird auch unterwegs nicht wirklich besser. Vor dem Hotel müssen wir mit unserem Auto eine Flussdurchquerung wagen. Im Hotel erkundigen wir uns dann nach den genauen Aussichten und erfahren, dass noch mehr Regen erwartet wird und der Wind auch wieder auffrischen soll. So schauen wir uns das wirklich schöne Hotel an, trinken ob der Preise nur einen Kaffee und machen uns auf den Rückweg. Die Hotellobby verströmt einen gemütlichen Charme und bietet mit den grossen Fenstern sicher hervorragende Sicht, wenn nicht gerade die Wolken alles bedecken.
Auf dem Rückweg schmeisst der Wind sogar mit Steinen gross wie ein 20 Rappenstück nach uns. Wir sind wirklich froh, als wir heil wieder in unserer Hosteria ankommen. Auch die Tiere haben sich weitestgehend verkrochen.
Am Abend heisst es packen, denn am nächsten Morgen müssen wir schweren Herzens den Torres del Paine Nationalpark verlassen. Unser Ziel ist das chilenische Ende der Welt – Punta Arenas. Da die Strasse ab 10.00 Uhr wegen der Bauarbeiten wieder für den Verkehr schliesst und wir uns mit unseren geringen Dieselreserven keinen Umweg von 100 km leisten können, müssen wir früh starten.
Die anderen Beiträge zur Reise in Chile findet ihr unter den folgenden Links:
Die Beiträge zu den Teilen unserer grossen Südamerika-Reise 2014 in andere Länder findet ihr unter:
Argentinien
Costa Rica
New York
Die Reisetipps zu Chile findet ihr unter:
Bei den Bildern hat man gleich wieder Lust loszuziehen…..
Grüße aus Dresden.
Ja, auch wir würden lieber heute als morgen wieder nach Chile reisen. LG Susan